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Lebensraum

Interview mit Landesforstdirektor HR DI Michael Luidold

Frage – Antwort!

Wildtiere brauchen Raum – welcher Raum steht den steirischen Wildtieren als Lebensraum zur Verfügung?

Die Steiermark als zweitgrößtes Bundesland Österreichs, mit einer Fläche von über 1,6 Mio. ha, davon rund 1,14 Mio. ha Wald, bietet einer Vielzahl an Wildarten Lebensraum. Im Unterschied zu Kulturfolgern, die mit intensiven, zivilisatorischen Aktivitäten durchwegs gut zurechtkommen, beispielsweise das Rehwild, sind sensible Arten häufig von Lebensraumverschlechterung betroffen. Große Wildtiere, wie etwas das Rotwild, benötigen nicht nur entsprechend große Lebensräume, diese sollten darüber hinaus möglichst wenig wildschadensanfällig sein.  Faktum ist, dass sich die Wildtierlebensräume nicht nur verändern, sondern zusehends kleiner werden. So hat sich in der Südoststeiermark der für das jagdbare Wild nutzbare Lebensraum in den letzten fünfzig Jahren um ein Drittel reduziert. Damit steigt einerseits der Druck auf das Wild und andererseits auch auf den Lebensraum. Ungeachtet dessen kommt Rehwild überall in der Steiermark vor. Die aktuelle Verbreitung des Rotwildes erstreckt sich über die Hälfte und die des Gamswildes über ein Drittel der Landesfläche. Erfreulicher Weise finden in der Steiermark auch die Raufußhühnerarten noch günstige Lebensraumbedingen vor.

 

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Messpunkte für einen gesunden, dem Lebensraum angepassten Wildstand?

Wald ist nicht nur Lebensraum für unsere Wildtiere, sondern hat noch eine Vielzahl anderer Leistungen für die Gesellschaft zu erbringen. Nur durch gut strukturierte, gesunde Waldbestände, mit einer dem Standort angepassten Baumartenzusammensetzung werden sowohl die im öffentlichen Interesse liegende Schutz-, Wohlfahrts- als auch Lebensraumfunktion, inklusive Artenschutz gewährleistet. Erreicht werden kann dies nur durch einen, den Verhältnissen des Lebensraumes angepassten Wildbestand.
Im sommerwarmen Osten besteht beispielweise die Gefahr, dass die für diesen Raum charakteristische Leitbaumart, die Eiche, verschwindet. Mit der nachweislich stattfindenden Klimaerwärmung kommt daher der rechtzeitigen Verjüngung mit klimafitten Baumarten eine existenzielle Bedeutung für den Wald zu.

Wie sehen Sie als Landesforstdirektor Ihre Rolle im Vorstand der Steirischen Landesjägerschaft?

Als Mitglied im Vorstand der Steirischen Landesjägerschaft sehe ich mich mitverantwortlich für den mit über rund 60 % der Landesfläche größten Lebensraum, den steirischen Wald. Für zahlreiche Wildarten ist der Wald ausschließlich Lebensraum. Ausreichend Einstand, Ruhe und Äsung sind entscheidend für die Fitness des Wildes. Auch dafür ist ein den Verhältnissen des Lebensraumes angepasster Wildbestand unabdingbare Voraussetzung. Die Abstimmung der sehr unterschiedlichen und ständig wachsenden Ansprüche an den Wald erstreckt sich über sämtliche Waldfunktionen und ist immer wieder eine neue Herausforderung. Als Mitglied im Vorstand der Steirischen Landesjägerschaft und im Rahmen meiner Aufgabe in der Lebensraumgruppe bietet sich mir die Möglichkeit, die Jagd stärker in diesen gemeinsamen Abstimmungsprozess einzubinden.

Kann das Ausloten der Schwelle zwischen Wildeinfluss und Wildschaden nur eine Individualentscheidung sein?

Das subjektive Recht des Grundeigentümers über seinen Grund und Boden zu bestimmen eröffnet betreffend den Wildeinfluss einen mehr als großzügigen Handlungsspielraum. Allen Beteiligten muss jedoch bewusst sein, dass ein zu hoher Wildeinfluss nicht nur wirtschaftliche Nachteile mit sich bringt, sondern auch auf Kosten der Artenvielfalt geht. Keinesfalls darf das öffentliche Interesse an der Funktionserfüllung der Wälder durch einen zu hohen Wildstand in Frage gestellt werden. Diesbezüglich liefern die Kategorisierung von Wildeinfluss und die Festlegung von Schwellenwerten wichtige Beurteilungsgrundlagen, während der Wildschaden als wirtschaftlicher Ausgleich von erlittenen Vermögensnachteilen im Innenverhältnis zwischen dem Waldeigentümer und dem Jagdausübungsberechtigten zu sehen ist.

 

Wo steht der Forst-Jagd-Dialog aus Ihrer Sicht aktuell?

Mit dem Forst-Jagd-Dialog wurde ein Zusammenschluss der beiden zentralen Lebensraum-Maßnahmenpartner und damit als erster entscheidender Schritt eine Versachlichung der Wald-Wild-Frage erreicht. Unbestritten ist, dass die Verjüngung der am Standort typisch vorkommenden Baumarten grundsätzlich dem natürlichen Potenzial entsprechend erfolgen können soll und die Regulierung der Schalenwildbestände die vordringliche Aufgabe der nahen Zukunft ist.
Dazu bekennen sich alle Beteiligten im Rahmen der „Mariazeller Erklärung“. Entscheidend ist, dass der daraus abzuleitende Handlungsbedarf auch von jedem einzelnen erkannt und umgesetzt wird.

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